Sportprogramm aus Köln in Schulen und Communities der Riesenmetropole Lagos

Für unsere letzten zwei Wochen war dann Programm in verschiedenen Schulen und Communities in und um die Riesenmetropole Lagos geplant. Da wir bereits die ersten Tage unseres Projekts mit einigen Freiwilligen der Organisation ‚OneAfricanChild‘ in Lagos verbracht haben, in denen sie uns unter anderem einen Interview-Auftritt in der Sport-Show eines nationalen Fernsehprogramms organisiert haben und mit uns in einen Natur-Wildpark gegangen sind, waren wir bereits mit ihnen vertraut und konnten uns einfacher nach unserer zweiten Ankunft zurechtfinden.
Beherbergt wurden wir hauptsächlich von Jeffrey, einem jungen engagierten Immobilienmakler, der in Lekki, einem wohlhabenderen Viertel, wohnt. Er lebt in einer Wohngemeinschaft mit drei anderen Kollegen aus seiner Immobilienfirma. Abends kamen oft Freunde, Bekannte oder weitere Arbeitskollegen dazu, sodass wir gut und gerne mal zu zehnt waren. Mit dem Kochen haben wir uns abgewechselt – das Essen wurde unter allen gerecht aufgeteilt, sodass jeder genug bekam. Meistens gab es den traditionellen Jollof Rice mit Fisch oder Eiern – und immer brennend scharf. Nach einigen Tagen in dem nigerianischen Haushalt haben wir versucht, ein bisschen Abwechslung mit Nudeln oder Gemüse in die Küche zu bringen, was jedoch immer wieder durch Chili ‚aufgeschärft‘ wurde.

 

 

An unserem zweiten Tag in Lagos sollte es dann mit dem Projekt in der international bekannten Privatschule ‚Chrisland High School‘ weitergehen. Dass diese Privatschule super sportengagiert ist und über sämtliche Möglichkeiten und Geräte verfügt, wurde uns bis kurz vor der Ankunft an der Schule vorenthalten. Dann war unsere Improvisationsfähigkeit gefragt. Unser Spielrepertoir und auch das teilweise gebrauchte Material waren darauf ausgelegt, Kindern mit wenig bis gar keiner Sport- und Bewegungserfahrung die Möglichkeit zu geben, mit sportlicher Aktivität in Berührung zu kommen und zu spielen. Sofort haben wir in dieser Schule gemerkt, dass unsere Standards nicht dem ‚Chrisland-Niveau‘ entsprechen. Der leitende Sportlehrer hat uns schnell zu verstehen gegeben, dass die Qualität unserer Bälle nicht ausreicht, um einen vernünftigen Sportunterricht mit den Kindern zu gestalten. Innerhalb kurzer Zeit ging er in die Schule und holte einen Korb voller neuwertiger Fußbälle.

Ähnlich wie die Kinder in deutschen Schulen, waren die Kinder in dieser Schule anspruchs- und erwartungsvoller, als die Schüler in vielen öffentlichen nigerianischen Schulen, die sich über nahezu jedes Bewegungsangebot gefreut haben und mit jedem Ball etwas anfangen konnten. Generell waren die Kinder und Jugendlichen in der Chrisland Highschool schwerer zu erreichen, engagieren und mitzunehmen. Nachdem wir den Unterricht jedoch mit kleinen interaktiven Aufwärm- und Reaktionsspielen eingeleitet hatten, fingen die Kinder an, sich zu lösen und sich mehr und mehr auf unser Angebot einzulassen. Trotz anfänglicher ‚Ne, kein Bock‘- und ‚Oh, wie peinlich‘-Blicke und -Aussagen konnten wir am Ende jeden Schüler durch verschiedene Laufstaffeln und Mannschaftsspiele dazu bewegen, sich motiviert in die Stunde einzubringen. Nach der Stunde in unserer ersten Schule in Lagos hatten wir noch die Möglichkeit, einen Workshop für alle Freiwillige unserer Partnerorganisation zu geben, in welchem wir verschiedene Tanz-/ Ball-/ Softskill- und Bewegungsspiele methodisch vermittelt haben. Außerdem konnten wir den Schulleiter der Chrisland High School kennen lernen und uns mit dem Sportlehrer über zukünftige Projektmöglichkeiten in Nigeria austauschen.

Die darauffolgenden Tage sollten erstmal ein bisschen Freiraum bieten, um das Vergangene zu evaluieren und den bevorstehenden Aufenthalt zu planen und unser Programm zu erweitern. Dafür ließen wir auch Ausflüge in den vier freien Tagen nicht zu kurz kommen, um Nigeria noch ein bisschen besser kennenzulernen. Wir nutzen die Tage, um eine Musik-Veranstaltung für Newcomer zu besuchen, in und an das Meer in Lagos zu gehen, in den teilweise strömenden Regen zu laufen und zu tanzen oder einfach nur, um auf nahegelegenen Märkten Essen zu besorgen, dass wir dann später gemeinsam mit unseren nigerianischen Freunden kochten. Außerdem führten wir lange Gespräche mit allen Anwesenden im Haus, um unsere Neugierde an der nigerianischen Kultur zu stillen. Nachdem dann auch noch der Besuch in einer Schule in dem problematischen Bezirk ‚Mushin‘ wegen der bevorstehenden Wahlen und der vermeintlichen Unruhen abgesagt wurde, konnten wir die zusätzliche Zeit nutzen, um umliegende Kulturangebote kennenzulernen. Dafür wurden wir von einer der Freiwilligen zu der ‚Nike Art Gallery‘ – dem größten Kunstmuseum von Westafrika – mitgenommen, wo wir uns verschiedene Gemälde moderner Kunst von afrikanischen Künstlern anschauen konnten.

 

Radiointerview bei Lagos Talks 91.3 FM

Eines Abends wurden wir dann spontan zu einem Radio-Interview bei ‚Lagos Talks 91.3 FM‘ eingeladen, um unsere Vision und unser Projekt in Nigeria vorzustellen und darüber zu diskutieren. Den Kontakt zu der Radio-Station hatte Moses, einer der Freiwilligen der Organisation, hergestellt, der in der Medien- und Musikbranche arbeitet und viele Kontakte pflegt. Neben den Aktivitäten und der Evaluation hatten wir außerdem Zeit, neue Kontakte in Nigeria zu knüpfen. So konnten wir zum Beispiel mehrere Treffen mit Fußballakademie-Gründern organisieren, um weitere Projektideen auszutauschen. Außerdem hatten wir die Möglichkeit, die Beauftragte für internationale Partnerschaften der Lagos State Sport Commission zu treffen, welcher wir auch unser Projekt vorstellten und über zukünftige Kollaborationsmöglichkeiten diskutierten.

Am nächsten Tag sollte es dann aber auch mit unserem Projekt in einer öffentlichen Schule weitergehenden, in der wir zum ersten Mal eine verhältnismäßig kleine Gruppe von 60 Schülern engagierten. Im Gegensatz zu Ibadan, wo wir unser Sportprogramm mit teilweise bis zu 1000 Kindern auf einmal in nur 90 Minuten absolvieren sollten, hatten wir in der ‚Senior State High School‘ zwei Stunden Zeit, um mit zwei Gruppen von jeweils 30 Schülerinnen und Schülern ein vielfältiges Programm aus Bewegungsaufgaben, Ballspielen, Laufwettkämpfen, Life Skill-Spielen und anschließender Relexion durchzuführen. Im Vergleich zu den vorherigen Schulen in Ibadan, wo wir Sport mit mehreren Hunderten Kindern in einer teilweise kurzen Zeitspanne gemacht haben, hatten wir das Gefühl, dass der längere Unterricht in den kleineren Gruppen effektiver war, da wir genug Zeit hatten, ein möglichst breites Bewegungs- und Spielespektrum abzudecken. Insgesamt war jedoch der Zweck bei beiden Voraussetzungen auch ein anderer. Während wir in den größeren Schulen in Ibadan eine möglichst unvergessliche und bleibende Erfahrung beabsichtigten, zielten wir in der Senior State High School eher darauf ab, unsere Inhalte nicht nur theoretisch sondern auch praktisch auf einer verständlichen Basis zu vermitteln.


Als wir am darauffolgenden Tag zu einer weiteren hoch angesehenen Privatschule, der ‚Linsy High School‘ gehen sollten, waren wir bereits auf erwartungsvolle Lehrer und Schüler vorbereitet. Zu unserer Überraschung hatte sich die Linsy High School besonders auf unseren Besuch vorbereitet. Zusammen mit dem Kunstlehrer hat eine der Klassen ein riesiges Plakat vorbereitet, auf dem unser Projekt ‚Sports for global citizenship‘ kreativ illustriert war. Nach einer kurzen offiziellen Begrüßung des Schulleiters durften wir uns vor den circa 100 Schülern in der Aula mit dem Mikrophon vorstellen und bekannt geben, was wir mit ihnen vorhaben. Nachdem wir die Schüler in zwei Altersgruppen aufgeteilt hatten, konnten wir mit unserem Programm für die jüngere Altersgruppe beginnen. Unsere Spiele führten wir auf dem Tartan-Basketballfeld durch. Nebendran saßen einige Lehrer, um zuzuschauen, zu motivieren und sich unsere Methodik zu notieren. Wir begannen mit Tanzspielen und kleinen Reaktionsspielen, machten weiter mit Lauf- und Ballspielwettkämpfen und rundeten anschließend mit einem Spiel namens ‚Mine Field‘ ab, bei dem jeweils eine Person aus jedem Team die Augen verbunden bekommt und durch verbale Anweisungen Materialien von der Spielfeldmitte zum zugehörigen Team transportieren muss.

Danach kam die ältere Altersgruppe, mit denen wir ebenfalls ‚Mine Field‘ und ein weiteres Ballspiel spielten. Mit beiden Gruppen führten wir nach der Einheit eine 15-minütige Reflexionsrunde durch, in der wir zusammen mit den Freiwilligen von OneAfricanChild und den Schülern darüber sprachen, was sie aus den einzelnen Spielen mitnehmen konnten. Dafür befragten wir sie zum Beispiel, welche Situationen ihnen leicht oder schwierig fielen, welche Soft Skills man in den verschiedenen Spielen lernen kann und wie man diese auf das alltägliche Leben projiziert. Zum Beispiel wurde ein Tanzspiel thematisiert, in dem die Kinder gemeinsam einen Tanz entwickeln sollten und ihn anschließend in kleineren Gruppen in der Mitte eines großen Kreises vor allen Kindern vorführen sollten. Der gesamte Kreis sollte dabei in die Knie gehen und die Tänzer durch rhythmisiertes Klatschen unterstützen. Die Kinder haben in der Reflexionsrunde darauf aufmerksam gemacht, dass es ihnen am Anfang schwerfiel, selbstbewusst in der Mitte des Kreises zu tanzen. Als sie dann jedoch gemerkt haben, dass sie von anderen Kindern unterstützt werden, fiel ihnen auf, wie leicht es ihnen fällt, sich selber zu zeigen und frei zu fühlen, wenn externer Respekt und Akzeptanz gegeben sind und sie von außen motiviert werden. Zum Ende unseres Besuches in der Linsy High School wurde das gesamte Team noch offiziell vor der versammelten Schule mit Zertifikaten, persönlichen Karten, Holzfiguren und Kunstgemälden geehrt, worüber wir uns natürlich unheimlich gefreut haben.

Unser letzter Tag mit dem ganzen Freiwilligen-Team sollte ein ganz besonderer werden. Es war der erste Samstag im Monat und deshalb stand das monatliche Team-Meeting im Stadtteil Ikeja an, wo das Team von OneAfricanChild Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt bekommt. Bei der Versammlung, an der etwa 30 Freiwillige teilnahmen, konnten wir viel über die anstehenden und aktuellen Projekte von OneAfricanChild lernen. Außerdem durften wir eine Diskussionsrunde leiten, in welcher wir über das vergangene Projekt einen gemeinsamen Fazit zogen. Grundsätzlich wurde gesagt, dass das Projekt sehr erfolgreich in allen drei Regionen gelaufen ist, in den wir unser Programm umgesetzt haben. Speziell wurde betont, dass sehr viele Freiwillige von OneAfricanChild teilgenommen haben. Das lag unter anderem daran, dass die Organisation vorher noch nicht mit Sport- und Bewegungsspielen in den Schulen und Communities gearbeitet hat. Außerdem freuten sich auch viele, uns aufgrund unserer Herkunft kennenzulernen und mehr über unsere Kultur zu erfahren.

Nach dem Meeting machten wir uns gemeinsam mit den 30 Freiwilligen mit einem Bus auf den Weg zu der Community auf der Insel ‚Tarkwa Bay‘. Nach einer 15-minütigen Fahrt kamen wir in der Strand-Community an. Wir liefen durch Sand an mehreren kleinen Häusern vorbei bis wir auf das große Fußballfeld kamen, welches ebenfalls aus Sand bestand. Anschließend riefen wir mit einem der Community-Leader alle Kinder und Jugendlichen des Dorfes zusammen, bis sich eine Gruppe von 100 Sprösslingen um uns ansammelte. Schon bei den Warm-Up-Spielen, in den wir unter anderem Tierbewegungen imitierten merkten wir schnell, dass es eindeutig zu heiß für ausgiebiges Bewegungsprogramm ist. Nach einer kurzen Absprache mit dem Team teilten wir die große Gruppe in kleinere auf und engagierten diese anschließend in kleinere Tanzspiele und einfache Life Skill-Aktivitäten im Schatten. Als die Sonne dann später am Nachmittag ein wenig an Höhe verloren hatte, kamen wir erneut alle in der Mitte des großen Fußballfeldes zusammen und spielten ‚Mine Field‘ mit neu aufgeteilten Gruppen, wo dann auch ein paar Freiwillige von OneAfricanChild zusammen mit den Kindern spielten. Nachdem auch das zu anstrengend unter der Sonne wurde, hörte der Großteil auf und ein paar der Kinder spielten noch Fußball auf dem großen Feld. Wir und das komplette Team von OneAfricanChild gingen rüber zum Strand und genossen unseren letzten Abend mit Schwimm- und Volleyballeinlagen.

 

 

Unseren letzten Tag in Nigeria und damit auch unseren Flugtag verbrachten wir bei einer der Freiwilligen, welche uns die aufgeschüttete Insel ‚Eco Atlantic‘ zeigte, auf welcher künftig mehrere Wolkenkratzer und luxuriöse Gebäude gebaut werden sollen. Außerdem verbrachten wir fünf Stunden in einem Pool, aus welchem wir durch die pralle Sonne noch einen angenehmen Sonnenbrand mit nach Deutschland nehmen konnten.

Insgesamt können wir zusammenfassen, dass unser ganzes Piloten-Projekt in Nigeria sehr erfolgreich verlaufen ist. Unsere Erwartungen wurden von allen Seiten übertroffen. Durch die Freude der Kinder, die Rückmeldung der Lehrer und die Vorbereitung und Motivation der Freiwilligen haben wir gemerkt, dass sich unsere Planung und Vorbereitung für das Projekt sehr gelohnt haben. Um das Projekt nachhaltig zu gestalten, haben wir für die jeweiligen Teams in allen Regionen das von der SpoHo gesponserte und durch Spenden finanzierte Sportmaterial dagelassen, das sie bei folgenden Projekten nutzen können. Außerdem haben wir während der Workshops gefilmt und im Nachhinein die Erklärungen und Zusammenfassungen aller Spiele, die wir in unser Programm in Nigeria miteinbezogen haben, an das Team geschickt. Darauf aufbauend können wir nun weitere wirksame Sportprojekte in Nigeria planen, um globales Lernen durch Sport und Spiele zu fördern.

Dies werden wir nicht alleine machen, sondern gemeinsam mit eurer Hilfe. Wenn ihr euch bei unseren nächsten Projekten engagieren wollt, dann schreibt uns einfach eine Mail [1] oder kontaktiert uns auf Instagram [2] oder Facebook [3]. Wir freuen uns über jedes Engagement!

[1] info@globalsportsinitiative.org
[2] https://www.instagram.com/globalsportsinitiative/
[3] https://www.facebook.com/Global-Sports-Initiative-560935117712150/

Beitrag über das Projekt in der WDR Lokalzeit vom 3. Mai 2019: https://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/lokalzeit-bonn/video-sportstudenten-engagieren-sich-in-nigeria-102.html


Autor: Fabian Otte



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