Die zweite Woche: Ibadan

 

In der zweiten Woche haben wir unser Projekt in der Stadt Ibadan durchgeführt, die mit 3,3 Millionen Einwohner zu den größten Städten Nigerias zählt. Direkt nach unserer Ankunft in Ibadan haben wir mit dem Team von OneAfricanChild Ibadan unseren Workshop in einem ruhigen Park auf dem Gelände der Universität von Ibadan durchgeführt. Dies war ein optimaler Einstieg in das gemeinsame Projekt, um einerseits den Freiwilligen unser Programm vorzustellen und andererseits einander auf eine spielerische Art und Weise kennenzulernen. Durch ihre offene und motivierte Haltung haben uns die Freiwilligen das Anleiten sehr leicht gemacht, sodass wir alle eine gute Zeit miteinander hatten. Auch in diesem Moment wurde ein weiteres Mal bewiesen, dass Sport Menschen auf eine besondere Art und Weise zusammenbringen kann, Freude am Spiel verbreitet und dies nicht nur für Kinder sondern für alle Altersgruppen.

 

 

In Ibadan waren wir das erste Mal bei unterschiedlichen Leuten untergebracht und so haben wir beide ganz unterschiedliche Erfahrungen über das alltägliche Leben in Nigeria sammeln können. Fabian war bei Ibukun, einem jungen Erwachsenen, in dessen WG mit zwei weiteren Mitbewohnern untergebracht, wodurch er einen Einblick in das Leben junger Berufstätiger bekommen hat. Kaija hat bei Mr. Muyiwa, dem regionalen Direktor von OneAfricanChild und seiner Familie, bestehend aus seiner Ehefrau und Joana, der einjährigen Tochter, gewohnt und so das Leben einer jungen nigerianischen Familie kennengelernt.

 

 

In Ibadan haben wir insgesamt fünf Schulen besucht, bei denen wir ganz unterschiedliche Erfahrungen sammeln konnten. Bei unserer ersten Schule haben wir mit fast 1000 Kindern zusammengearbeitet. Anders als in unserem Projektplan vorgesehen, hatten wir in vielen Schulen oft mehr als 30 Kinder pro Gruppenleiter, da aus Organisations- und Zeitgründen meist die gesamte Schülerzahl auf einmal auf den Schulhof geschickt wurde, anstatt die Klassen nacheinander kommen zu lassen. So hatten wir die Möglichkeit, viele Kinder mit unserem Programm erreichen zu können, doch teilweise nur wenig Zeit mit einzelnen Gruppen, wodurch wir weniger individuell auf die Kinder eingehen konnten. Meist hat jeder des Teams ein Spiel übernommen und die Schülergruppen haben zwischen uns rotiert. So haben wir es auch bewältigt, dass jeder der 1000 Schüler an mindestens einer Aktivität teilgenommen hat, was für uns 90 Minuten Spiele erklären, durchführen, reflektieren und rotieren hieß. Doch das Lachen und die Begeisterung der Schüler sowie das Interesse der Lehrer waren am Ende dieser doch anstrengenden zwei Stunden Belohnung genug. Einen absoluten Gegensatz zu dieser Schule bildete eine kleine Grundschule mit insgesamt nur ca. 150 Schülern, die wir am Freitag morgen besuchten. Aufgrund der Wahlen an dem kommenden Wochenende wurde für diesen Tag ein öffentlicher Feiertag ausgesprochen, doch wegen der Ankündigung unseres Projektes sind die Schüler trotzdem zur Schule gekommen. Mit 20 Schülern pro Gruppe hatten wir die Möglichkeit, sehr intensiv mit den Schülern zu arbeiten.

 

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Besonders aufgefallen ist mir dabei ein kleines Mädchen, das während der gesamten Aktivitäten mit vollem Ehrgeiz dabei war und am Ende sogar die Jungen bei einem Ballspiel in den Schatten gestellt hat. Es war schon jetzt die Motivation und Willensstärke dieses Mädchens deutlich zu spüren. Dieses Potential könnte durch regelmäßige Sportaktivitäten weiter gestärkt werden, doch leider können wir nicht mit Sicherheit sagen, wie oft dieses Mädchen noch die Möglichkeit bekommen wird, an einem angeleiteten Sportunterricht teilzunehmen, da weder Mittel noch genügend Lehrkräfte zur Verfügung stehen.
Zu einem neuen kulturellen Erlebnis gehörte der Besuch einer muslimischen Schule, bei der wir mit den Jungen und Mädchen unser Programm getrennt voneinander durchgeführt haben. Trotz des gesamt körperbedeckenden Gewandes inklusive Kopftuchs haben sich die Mädchen nicht davon abhalten lassen, mit voller Motivation an den Spielen und Aktivitäten teilzunehmen. Aus diesem Erlebnis konnten wir lernen, dass Sport mit jedem geteilt werden kann, egal welcher Herkunft, Hautfarbe oder Religion. Während des Sporttreibens ist jeder frei in seiner Persönlichkeit, kann seine eigenen Entscheidungen treffen und wird in seinem/ihrem gesamten Wesen respektiert und akzeptiert.

 

 

Neben der eigentlichen Durchführung des Projektes haben wir einmal im Fernsehen und zweimal im lokalen Radio die Möglichkeit bekommen, über unsere Arbeit, aber auch über unsere Erlebnisse und bereits gemachten Erfahrungen zu berichten. Nach unserem ersten Interview haben wir unseren Moderator ganz erstaunt gefragt, ob er aus England käme, aufgrund seines starken britischen Akzentes, woraufhin er nur lachte und erwiderte: „Um im Radio oder Fernsehen einen Job zu bekommen, wird quasi von uns erwartet, unseren traditionellen Akzent abzulegen und so lange zu üben, bis wir die britische Aussprache beherrschen.“

 

 

Neue kulturelle Erfahrung kamen in unserer Zeit in Ibadan auch nicht zu kurz. So durften wir in einem lokalen Restaurant die nigerianische Spezialität Amala, ein Teigkloß auf der Basis von Kochbananen, getränkt in verschiedenen Soßen, auf dem traditionellen Weg mit der Hilfe unserer Hände verzehren. Außerdem zählte der zweimal wöchentliche Kirchenbesuch oft zu dem Alltagsleben der Familien dazu. Anders als man es aus Deutschland kennt, sind in Nigeria vor allem junge Menschen Besucher der Kirche. Neben den Bibeltexten sind ebenfalls Alltagsbeispiele, wie Beziehungen, Finanzen oder das Berufsleben Inhalte der Predigten. Religion hat einen sehr hohen Stellenwert im Leben der meisten jungen Menschen, die wir kennengelernt haben, die Kirche stellt dabei einen Ort des Treffens und des Austausches dar. So wurden zum Beispiel in einer Kirche, die wir besucht haben Arbeitsgruppen nach dem Gottesdienst gebildet, in denen jeder über sein Verständnis der aktuellen Predigt sprechen und seine Meinung austauschen konnte, sowie Beispiele aus seinem eigenen Leben nennen konnte. Religion bildet einen konstanten Faktor in dem Leben vieler, der Hoffnung bringt und die Möglichkeit, sich mit anderen zu vernetzen.

 

 

Da die meisten der Freiwilligen von OneAfricanChild Studenten der University of Ibadan waren, haben wir dort ebenfalls viel Zeit verbracht, zum Beispiel auf den öffentlichen Volleyball Feldern oder dem universitätseigenen Schwimmbad. Während des Spielens haben wir immer neue Leute kennengelernt, die dazu gekommen sind, um mitzuspielen. Allgemein hatten wir in Nigeria das Gefühl, dass die Leute sehr offen waren, wir einfach mit neuen Leuten ins Gespräch gekommen sind und jeder willkommen war, ganz nach der afrikanischen Lebensphilosophie „Ubuntu“.
Ubuntu bedeutet Menschlichkeit, Nächstenliebe und Gemeinsinn und das Bewusstsein, selbst ein Teil des Ganzen zu sein. Diese Philosophie habe wir in verschiedenen Situationen in Nigeria wahrgenommen, z.B durch das gegenseitige Ansprechen mit den Bezeichnungen Bruder oder Schwester, das Teilen von Essen nach dem Grundsatz „Sharing is caring“ und die generelle Aufmerksamkeit und Besorgnis anderen gegenüber. Durch diese Lebensphilosophie haben wir viel gelernt und versuchen nun, dieses Bewusstsein auch in Deutschland weiter zu verbreiten, denn wenn wir anfangen, uns nicht nur auf uns selber zu konzentrieren, nicht immer etwas erwarten, wenn wir etwas geben, einander mehr unterstützen, egal ob Freunde, Familie oder Fremde, können wir die Welt in kleinen Schritten zu einem besseren Ort machen.

Weite Infos und Bilder zum Projekt auf Instagram: https://www.instagram.com/globalsportsinitiative/

Weitere Infos auf Facebook: https://www.facebook.com/Global-Sports-Initiative-560935117712150/

Fotos: Global Sports Initiative


Autorin: Kaija Ruck



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