Der Dschungel der Bürokratie

In weniger als einer Woche ist es soweit. In weniger als einer Woche werde ich rund 8000 Kilometer entfernt meinen Forschungsaufenthalt in den USA starten. Im Moment laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren: Post umstellen, Wohnung für meine Zwischenmieterin vorbereiten, Abschiedsessen, letzte Arztbesuche und natürlich den bürokratischen Aufwand, den es für Reisen unter Corona im Moment benötigt. Wer glaubt, dass Deutschland das Land der Bürokratie ist, kennt die derzeitigen Einreisebestimmungen in die USA noch nicht.


Mein Visum lag drei Wochen vor Abflug in meinem Briefkasten. Ein Moment zum Aufatmen, denn der Weg dorthin war ein langer. Derzeit gilt für die USA ein Einreisestopp, doch dank meines Forschungsstipendiums der Fulbright Kommission reise ich mit einem so genannten „NIE“ – einer National Interest Exception. Klingt ganz schön wichtig, oder? Aber zurück zum Visumsprozess. Für ein nicht-touristisches Visum muss ein Interview im Amerikanischen Generalkonsulat geführt werden. Im Konsulat in Frankfurt war ich in der Vergangenheit bereits, beispielsweise vor meinem Auslandsjahr in der 11. Klasse. Allerdings werden im Moment nur Visa in Berlin oder München ausgestellt, weshalb ich mich direkt von dem mir bekannten Prozedere in Frankfurt verabschieden musste. Und übrigens auch von den entspannten 50 Minuten Bahnfahrt von Köln nach Frankfurt. Aber das sollte noch das geringste Problem sein.


Interviewtermine im Konsulat werden derzeit nur per Email vergeben und leider nicht im eigens dafür eingerichteten Onlinesystem. Meine persönlichen Informationen musste ich im Onlinesystem trotzdem hinterlegen, um am Ende einen Hinweis zu erhalten, dass eine Online-Terminvereinbarung nicht möglich sei. Es folgte das zweite Online-Formular. In dieser Runde kamen dann auch die üblichen und heiß ersehnten Sicherheitsfragen, die man als Tourist:in aus dem ESTA kennt. Ob man plane, sich in den USA zu prostituieren, Geldwäsche zu betreiben, Anschläge auszuüben oder ob man Vorstrafen habe. Standard-Reisevorbereitung eben.


Darauf folgten vier Wochen Wartezeit bis an einem Donnerstabend eine E-Mail vom Konsulat auf aufploppte: Am kommenden Dienstag hatte ich einen Interviewtermin. Endlich! So wurde es ein spontaner Ausflug nach München. Szene: Montagabend in München. Seit Monaten sitze ich wieder in einem Restaurant und hatte gerade eine Pizza bestellt, als eine erneute Email vom Konsulat ankommt. Sie seien nicht in der Lage gewesen, meine persönlichen Informationen aus dem Online-System zu übertragen. Und dass ich den Antrag bitte schnellstmöglich neu ausfüllen möge, ansonsten sei mein Interviewtermin hinfällig. So fand der erste Restaurantbesuch post Lockdown einen jähen Abbruch und die Pizza wurde leider wieder nur zum to-go-Gericht. Ich war im ersten Moment fassungslos, denn eines war klar: Wenn der Interviewtermin abgesagt wird, werde ich es nicht mehr rechtzeitig in die USA schaffen.


Am Dienstagvormittag reihte ich mich schließlich in die Schlange am Amerikanischen Konsulat und war sichtlich erleichtert, als mir Einlass gewährt wurde. Nach dem Scan meiner Dokumente und Fingerabdrücke führte ich ein kurzes Gespräch mit einem der Angestellten bis schließlich der Satz fiel: „Your visa is approved.“ Thank god! Das Pärchen am Schalter neben mir hatte es da sichtlich schwerer, denn sie mussten sich einer intensiven Befragung ihrer Absichten unterziehen, wieso sie mit einem Visum in die USA einreisen wollen. Da konnte ich mich glücklich schätzen, denn als ich dem Angestellten mein Forschungsthema nannte, konterte dieser nur „Oh, you’re interested in sport parents? Then you’re going to the right country!“


Nach der positiven Nachricht musste ich also nur noch auf meinen Reisepass samt Visum warten, der mich innerhalb von sieben Tagen postalisch erreichen sollte. Dachte ich zumindest. Denn zwei Tage nach meinem Interview wachte ich mit einer neuen E-Mail vom Konsulat aus München auf. Mein Visums-Foto entspreche nicht den Vorgaben und ich sei angehalten, ein neues zu meinem Interviewtermin mitzubringen. Gut, dass mein Interviewtermin bereits vorgestern war, dachte ich. Etwas ungläubig und in der Hoffnung, dass es sich um einen Fehler handelte, formulierte ich eine Antwortnachricht. Und tatsächlich erreichte mich kurze Zeit später, folgende E-Mail:


Jetzt da der Reisepass samt Visum den Weg zurück nach Köln gefunden hat, realisiere ich langsam, dass es losgeht. Die zig weiteren Dokumente, die ich zur Einreise unter Corona benötige, liegen schon bereit und die Flüge sind gebucht. Nun muss ich es nur noch durch die Kontrollen am Flughafen schaffen. Drückt mir die Daumen!


Unsere Autorin bloggt seit Juli 2020 regelmäßig über ihr Forschungsthema “Eltern im Sport” und ihr Promotionsvorhaben.

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